Margarete Müller-Bull.

Berliner Temperament mit schwäbischen Tugenden.

Anfangs ähnelt der Lebenslauf von Margarete Müller-Bull in vielem dem ihrer Generation: In Brandenburg an der Havel erblickt sie als Margarete Bull, genannt Marga, am 1. Februar 1908 das Licht der Welt. Sie wächst auf in einem gutbürgerlichen Haushalt; es folgen Höhere Töchter Schule und Lehre als Industriekaufmann (!), dann der Krieg mit all seinen Schrecken, der sie zum Arbeitseinsatz nach Esslingen verschlug. Sogar die Heirat mit dem Chef der Firma, der sie zugewiesen wurde, ist so ungewöhnlich nicht.

Doch dann bricht Marga aus dem Schema aus, ihr Leben nimmt einen anderen Lauf als die traditionellen „drei K“ (Kinder – Küche – Kirche) vorgeben. Schon jetzt zeigt sich ihre starke Persönlichkeit: Nach dem Krieg wird Karl Müller von den Besatzungsmächten interniert. Und da ist sie es, die den Betrieb über Monate hinweg selbstständig und eigenverantwortlich führt, bis ihr Mann wieder zurück ist. Aber da ist sie schon vom Virus des „Schalten und Walten“ infiziert; denn in der Folge mischt sie sich immer wieder aktiv ein in die Unternehmenspolitik und redet ihr gar nicht so leises Wörtchen mit bei der strategischen Ausrichtung.

Bereits 1959 stirbt Karl Müller. Jetzt nimmt Marga endgültig das Heft in die Hand und lässt es nicht eher los, bis sie merkt, dass ihr langsam die Kraft dazu fehlt. Aber bis dahin hat sie viel bewegt: So hat sie aus dem Betrieb ihres Mannes ein Unternehmen mit rund 300 Mitarbeitern gemacht, mit Produktionswerken an drei Standorten und einem globalen Vertriebsnetz.

Man mag sich fragen, woher Margarete Müller-Bull diese Energie nimmt: Sie kümmert sich in einem vollgepackten Tag um alle Entscheidungen in der Firma, geht aber auch gern auf Reisen (insbesondere Kreuzfahrten), ist begeisterte Jägerin, engagiert sich in verschiedenen Vereinen, ist viele Jahre als Tierzüchterin aktiv, verkehrt aber auch in der schwäbischen Hautevolee ebenso wie sie regen Kontakt zu ihren Berliner Jugendfreunden hält. Die Ehe bleibt kinderlos; vielleicht erklärt sich so ihr ruheloser Tatendrang.

Am 17. März 2002 schließt Margarete Müller-Bull im Alter von 94 Jahren in ihrem Haus in Esslingen nach einem langen, erfüllten Leben ihre Augen.